Tigermücken sind noch auf dem Vormarsch
Einwanderung hat Tradition und wird durch den globalen Wandel und den Waren-/Reiseverkehr beschleunigt
„In den nächsten ein bis fünf Dekaden werden durch Vektoren übertragene Infektionskrankheiten zunehmen“, davon geht das Team um Prof. Dr. Sven Klimpel an der Goethe-Universität und der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung aus. Vektoren übertragen Infektionskrankheiten auslösende Erreger von einem Wirt auf einen anderen Organismus ohne dabei selbst zu erkranken. Viele bekannte Vektorarten sind in tropischen und subtropischen Gebieten heimisch. Wenn sie im neuen Verbreitungsgebiet Erreger vorfinden, weitet sich das Risikogebiet für die Krankheiten, die sie übertragen, aus.
Zwei prominente Beispiele für Vektoren sind die asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) und die Gelbfiebermücke (Aedes aegypti). Die Gelbfiebermücke gilt als Hauptvektor von Gelbfieber-Virus, Dengue-Virus, Zika-Virus und einige andere Viruserkrankungen. Die Tigermücke kann ebenfalls das Zika-Virus und das Dengue-Virus übertragen, aber auch weitere Krankheitserreger wie das West-Nil-Virus oder das Chikungunya-Virus. Diese beiden medizinisch relevanten Vektoren stehen im Fokus der aktuellen Studie in „Scientific Reports“.
Die ursprünglich in Afrika heimische Gelbfiebermücke begann sich schon vor etwa 300 bis 400 Jahren weltweit auszubreiten – vermutlich durch die Ausweitung von Zuckerrohrplantagen und den Sklavenhandel. Die Tigermücke, die heute zu den 100 schlimmsten invasiven Arten gezählt wird, kommt ursprünglich aus Süd- und Südostasien. In den letzten Jahrzehnten ist sie vor allem durch Warentransporte und Reisetätigkeiten verschleppt worden. Dabei spielten der Handel mit Autoreifen und der sogenannte Glücksbambus (Dracaena spp.) eine wichtige Rolle. Auf dem Seeweg wurden dabei u.a. Eier, Larven und Puppen der Tigermücke in teilweise mit Wasser gefüllten gebrauchten Autoreifen oder den Wasserbehältern des Glücksbambus über weite Strecken transportiert.
In ihrer Studie haben die Wissenschaftler die ökologischen Nischen beider Arten untersucht, also die Gesamtheit der Umweltbedingungen, unter denen eine Art vorkommen kann. Denn in den neuen Verbreitungsgebieten können Stechmücken anderen Umweltbedingungen ausgesetzt sein als im ursprünglichen Verbreitungsgebiet. Invasiven Stechmückenarten wird oft nachgesagt, dass sie sich besonders gut und schnell an neue Klimabedingungen anpassen können. Dafür fanden die Wissenschaftler jedoch keine Hinweise. Beide Arten besitzen eine breite Nische. Sie können im ursprünglichen Verbreitungsgebiet unter einer Vielzahl verschiedener Umweltbedingungen vorkommen. Da in den neuen Verbreitungsgebieten ähnliche klimatische Verhältnisse herrschen, lässt sich die weltweite Ausbreitung deshalb nicht durch Anpassung erklären, wobei lokale Anpassungen und genetische Merkmalsveränderungen nicht ausgeschlossen sind.
Einen Unterschied zwischen beiden Arten haben die Wissenschaftler dennoch feststellen können, nämlich, dass Zeit eine wichtige Rolle bei der Ausbreitung oder Invasion von Arten spielt. Mit ihrer längeren Einwanderungsgeschichte füllt die Gelbfiebermücke ihre Nische in den neuen, nicht-heimischen Verbreitungsgebieten bereits annähernd aus, das heißt, sie kommt unter vielen Umweltbedingungen vor, die auch in ihrem ursprünglichen Verbreitungsgebiet vorliegen.
Bei der Asiatischen Tigermücke sieht das hingegen anders aus. Sie kommt in den neuen Verbreitungsgebieten (noch) nicht überall dort vor, wo für sie geeignete Bedingungen herrschen. Daraus leiten die Forscher für die Zukunft ein weiteres Ausbreitungspotential für diese Art ab. “Mittlerweile ist die Asiatische Tigermücke in Südeuropa fast flächendeckend verbreitet und wird sich aufgrund der breiten Nische auch in Nordeuropa unaufhaltsam ausbreiten und etablieren. Und weitere exotische Mückenarten wie Aedes japoniucs (Asiatische Buschmücke), Aedes koreicus oder Aedes atropalpus werden folgen, respektive sind bereits in zentral Europa angekommen“, resümiert Klimpel.
Quelle: Pressemitteilung der Uni Frankfurt
Hessen handelt: Initiativen für die Erforschung und Wirkstoffentwicklung
Die Bekämpfung von vernachlässigten Tropenkrankheiten, die durch Vektoren wie die Asiatischen Tigermücke übertragen werden können, hat einen festen Platz in der hessischen Forschungslandschaft. Das durch die Hessische Landesregierung geförderte LOEWE-Forschungszentrum DRUID (Novel Drug Targets against Poverty-Related and Neglected Tropical Infectious Diseases) ist ein prominentes Beispiel für die Bündelung vorhandener Kapazitäten und exzellenter Expertise in Hessen. Die Herausforderungen bei der Bekämpfung der Infektionskrankheiten lassen sich nicht im Alleingang lösen. Das Technologieland Hessen hat, im Auftrag des Hessischen Wirtschaftsministeriums, gemeinsam mit der Initiative Gesundheitsindustrie Hessen (IGH) das LOEWE-Zentrum DRUID von Beginn an unterstützt und das Thema mit einem Parlamentarischen Abend in der Hessischen Landesvertretung in Berlin auf der bundespolitischen Bühne platziert.