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17.02.2020

Die zelluläre Müllabfuhr überlisten

Frankfurter Projekt PROXIDRUGS unter Leitung der Goethe-Universität wurde in die Konzeptionsphase des Programms „Clusters4Future“ aufgenommen

Frankfurt - Gezielt eingreifende Wirkstoffe und damit neue Therapieoptionen entwickelt das regionale Netzwerk PROXIDRUGS unter Federführung der Goethe-Universität. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) wählte das Projekt jetzt im Ideenwettbewerb „Clusters4Future“ für eine Förderung in der Konzeptionsphase aus – als einen von 16 aus 137 eingereichten Vorschlägen.
Schema der Wirkweise von PROTACs.  Ein PROTAC ist bifunktional und besteht aus einem Liganden (L, grün) für das Enzym E3-Ligase und einer Bindedomäne (L, rot) für das Zielprotein, verbunden über eine kurze Linkerregion (schwarz).
© IBC2/GU

Suche nach neuartigen therapeutischen Wirkstoffen

„Der Körper hat eine ausgeklügelte Maschinerie entwickelt, um überflüssige oder schädliche Proteine zu entsorgen. Diese wollen wir nutzen, um krankheitsrelevante Proteine gezielt abzubauen“, erklärt Koordinator Prof. Ivan Dikić vom Institut für Biochemie II der Goethe-Universität die Grundlage des Projekts. Bessere Therapien für Erkrankungen wie etwa Krebs, Herz- und Entzündungskrankheiten sind das Ziel des Verbunds aus Biochemikern, Chemikern, Medizinern und Pharmazeuten von der Goethe-Universität, dem Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie IME und der Technischen Universität Darmstadt.

Das BMBF fördert die im Mai beginnende sechsmonatige Konzeptionsphase mit bis zu 250.000 Euro. Qualifiziert sich der Zusammenschluss anschließend für die Umsetzungsphase, stehen bis zu fünf Millionen Euro pro Jahr für PROXIDRUGS zur Verfügung. Das Ministerium will wissenschaftliche Hotspots zu schlagkräftigen regionalen Innovationsnetzwerken ausbilden. „Die Goethe-Universität im Zentrum des Rhein-Main-Gebiets, einem deutschlandweit einzigartigen Spitzenstandort, bündelt akademische und industrielle Expertise für innovative Therapiekonzepte“, lobt Universitäts-Vizepräsidentin Prof. Simone Fulda den Ansatz des Konsortiums, der auf der Umprogrammierung zelleigener Systeme beruht.

Abzubauende Proteine werden üblicherweise in einer enzymatischen Reaktion mit dem kleinen Protein Ubiquitin markiert. Der „Schredder“ der Zelle, das Proteasom, erkennt diese Markierung und zerlegt das Protein in seine Einzelteile, die dann recycelt werden. Im Fokus von PROXIDRUGS steht eine neuartige Medikamentenklasse, deren Wirkmechanismus auf räumlicher Nähe (proximity) beruht: Die entsprechenden Substanzen weisen zwei funktionelle Einheiten auf – eine zur spezifischen Bindung des jeweiligen Zielproteins, eine zweite, um an das benötigte Enzym anzudocken. So kann im Prinzip jedes unerwünschte Protein, das eine geeignete Bindetasche hat, gezielt mit Ubiquitin markiert und dann abgebaut werden.

Erste auf diesem Wirkprinzip beruhende Substanzen existieren bereits, die PROTACs (Proteolysis Targeting Chimeric Molecules). Der große Vorteil ist, dass diese Substanzen hochspezifisch sind und wieder einsatzfähig aus der Reaktion hervorgehen, sodass nur wenig Wirkstoff benötigt wird. Erste Studien mit PROTACs bei Prostata- und Brustkrebs laufen. Die Forscher des PROXIDRUGS-Verbundes wollen nun neue Substanzen dieser vielversprechenden Medikamentenklasse kreieren, unter anderem für Krankheiten, die bisher nicht mit Kleinmolekülen behandelt werden können.

Der PROXIDRUGS-Zusammenschluss aus Goethe-Universität, der TU Darmstadt und des Fraunhofer IME soll die im Rhein-Main-Gebiet vorhandene Expertise aus Grundlagenforschung, Klinik sowie Pharma- und Biotechfirmen zu einem regionalen Innovationsnetzwerk bündeln. „Eine besondere Herausforderung wird die Übertragung unserer Ergebnisse in die klinische Anwendung“, so Dikić. „Dank der engen Zusammenarbeit mit den in der Region ansässigen Unternehmen, die bereits großes Interesse an dem Projekt bekundet haben, und der Einbindung des Universitätsklinikums bin ich jedoch sehr zuversichtlich, dass wir diese Herausforderung meistern werden.“

 

Quelle: Pressemitteilung der Goethe-Universität Frankfurt

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