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10.03.2020

Wettbewerbsfähig durch intelligente Produktionsplanung

Frankfurt am Main - Die digitale Transformation eröffnet auch für die Produktionsplanung und -steuerung (PPS) ganz neue Möglichkeiten. Eine aktuelle Befragung produzierender Unternehmen zeigt, dass insbesondere bei der automatisierten Datenerfassung große Fortschritte erkennbar sind. Doch nutzen Firmen die gesammelten Daten oftmals nicht. Die WGP zeigt, wie man dank intelligenter PPS wettbewerbsfähig bleibt.
Effizientes Produktionscontrolling durch in Echtzeit erfasste Rückmeldedaten
© Foto: Helge Bauer

„Um die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, müssen existierende Technologien zur Datenerfassung noch gezielter hinsichtlich der unternehmensspezifischen Datenauswertung ausgewählt und implementiert werden“, mahnt Prof. Peter Nyhuis, Leiter des Instituts für Fabrikanlagen und Logistik (IFA) der Leibniz Universität Hannover und Mitglied des WGP-Präsidiums. „Die Grundvoraussetzung hierfür ist ein ausgeprägtes Verständnis der produktionslogistischen Wirkzusammenhänge.“ Nyhuis rät daher dringend, entsprechende Expertise bei den Mitarbeitern aufzubauen.

Studienergebnisse

Die WGP-Institute IPMT aus Hamburg, das IFA aus Hannover sowie das WZL aus Aachen haben gemeinsam mit dem Fraunhofer IGCV aus Augsburg die aktuellen Entwicklungen in der PPS bei 95 Unternehmen unterschiedlicher Branchen untersucht. Die bereits zum vierten Mal aufgelegte PPS-Studie zeigt: Nahezu alle Unternehmen befassen sich mittlerweile mit der Digitalisierung ihrer Produktionsplanung und -steuerung. So sind zum Beispiel die Fortschritte in der automatisierten Datenerfassung unverkennbar. Drei von vier Unternehmen erfassen mittlerweile ihre Rückmeldedaten minuten- oder sogar sekundengenau. Welche Möglichkeiten in der Auswertung der Daten liegen, bleibt jedoch häufig unklar und oft korreliert der Nutzen nicht mit dem Aufwand für die Erfassung. „Es kommt also darauf an, einen klaren Plan zu haben, welche Daten Nutzen stiften und wie dieser Nutzen erzielt werden kann“, erläutert Tammo Heuer, wissenschaftlicher Mitarbeiter am IFA und Mitautor der Studie.

Daten kaum für relevante Fragestellungen genutzt

Für die Speicherung der Prozessdaten nutzen über 90 Prozent der Studienteilnehmer ein Enterprise Ressource Planning (ERP)-System. Danach folgt mit großem Abstand die Betriebsdatenerfassung (59 Prozent) und die Data Warehouse Software (32 Prozent). Die erfassten Daten werden jedoch nicht intensiv genug genutzt. Weniger als die Hälfte der Befragten nutzt sie zum Beispiel im Rahmen eines Produktionscontrollings, um die Bestände, Durchlaufzeiten und Auslastung zu überwachen, nur etwa ein Drittel, um Stammdaten zu aktualisieren, die als wichtige Planungsgrundlage dienen. Dabei sind innovative Themen, wie Digitaler Zwilling oder betriebsbegleitende Simulationen mit knapp 10 Prozent nur schwach vertreten. „Das zeigt, dass die Daten für relevante Fragestellungen in der PPS noch ein deutliches Potenzial haben“, konstatiert Heuer.

Potenziale erschließen durch Weiterbildung

Diese Potenziale zu erschließen, ist allerdings auch deswegen nicht so einfach, weil es offensichtlich Defizite bei Nutzerfreundlichkeit und Funktionalität der Software gibt und auch die Mitarbeiter im Umgang mit den PPS-Systemen nicht ausreichend geschult sind. So schätzen denn auch sechs von zehn Unternehmen den Beitrag behelfsmäßiger IT-Lösungen wie etwa Planungstools in Excel ergänzend zu den PPS-Systemen sehr hoch ein.

Die Expertise, wie Prozessdaten optimalerweise erfasst und in PPS-Systemen sowie Business Intelligence Software gezielt für unternehmensspezifische Fragestellungen genutzt werden können, lässt sich laut Nyhuis jedoch in Zusammenarbeit mit anderen Industriepartnern und mit den Forschungseinrichtungen der WGP aufbauen. Das IFA etwa bietet regelmäßig Weiterbildungen zum Thema „Produktionsplanung und -steuerung“ sowie „Produktionscontrolling im Zeitalter von Industrie 4.0“ an und schneidert gemäß der individuellen Bedarfe auch Schulungen nach Maß. „Nur durch eine zielgerichtete Weiterbildung der Mitarbeiter kann sichergestellt werden, dass der Aufwand für die Datenerfassung nicht deren Nutzen übersteigt und die Unternehmen sich im Laufe ihrer Transformationsprozesse nicht wirtschaftlich selbst abhängen“, so Nyhuis.
Die an der PPS-Studie beteiligten Institute veranstalten darüber hinaus regelmäßig ein Expertenforum, um mit der Industrie die neuesten Entwicklungen der PPS zu diskutieren und damit den Wissenstransfer zu beschleunigen.

Gute Erfolge nur bei guter Datenqualität

Voraussetzung für eine gut funktionierende Produktionsplanung und -steuerung ist zudem eine hohe Datenqualität. Nur, wenn genaue Informationen über die Produkte und den aktuellen Systemzustand jederzeit bekannt sind, können sie nutzbringend ausgewertet werden. Erfasst werden die Daten laut Studie mittels verschiedener Trackingtechnologien. Der Großteil der befragten Unternehmen nutzt hierfür 1- bzw. 2-dimensionale Codierung wie QR- und Barcodes; nur ein Drittel setzt auf RFID-Technologien. Zwar machen sie im Gegensatz zu optischen Systemen eine gleichzeitige Erfassung mehrerer Objekte möglich, doch sind sie teurer.

Die aktuelle PPS-Studie macht auch deutlich: 84 Prozent der Unternehmen erfassen die Daten zumindest in Teilen noch immer manuell – was per se eine Fehlerquelle darstellt. „Daher sollte man auf jeden Fall versuchen, langfristig eine durchgängig automatisierte Betriebsdatenerfassung anzustreben“, rät Heuer.

Die Kooperationsbereitschaft steigt

Noch kaum genutzt werden zudem neue Technologien wie Global Positioning System (GPS), Mobilfunk (4G) oder Ultra-Wide Band (UWB). Diese Technologien kommen insbesondere in Großunternehmen zum Einsatz. Zwar werden sie derzeit noch hauptsächlich für die Datenerfassung bei hallenübergreifendem Warentransport oder für die Nachverfolgbarkeit von Warenströmen eingesetzt. „Es zeigt sich aber, dass Großunternehmen Vorreiter bei der Erprobung neuer Technologien sind. Der weit überwiegende Teil der Zukunftsprojekte wird als erfolgreich bewertet. Dies ist ein ermutigendes Signal, die Chancen neuer Technologien auch zukünftig zu nutzen“, resümiert Nyhuis.

Zugenommen hat auch die Bereitschaft, mit externen Unternehmen zu kooperieren und sich mit den unterschiedlichen Akteuren der Wertschöpfungskette zu vernetzen. Auch der Austausch mit Forschungseinrichtungen und Universitäten hat zugenommen. Von dieser Entwicklung erhoffen sich die Studienteilnehmer höhere Transparenz über den Zustand der eigenen Produktion. Dahinter steckt aber auch die Einsicht, dass selbstgesteckte Ziele der PPS, wie etwa hohe Termintreue oder kurze Durchlaufzeiten, schneller erreicht werden können.

 

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