Von Pflanzenkohle bis Green Farming im Supermarkt
„Wasser & Boden“ in der Reihe Bio. Innovationen. Stärken.
Abwasser als Ressource
Thomas Czoske, Geschäftsführer von ECO Water Solution in Kirchheim unter Teck, brachte die Mission gleich zu Beginn auf den Punkt, indem er die Schließung von Wasser- und Stoffkreisläufen zum Ziel erklärte. Das Unternehmen bietet Kleinkläranlagen an, die Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor aus Abwasser zurückgewinnen. Die Technik wurde unter anderem in Burkina Faso getestet, wo der Klärschlamm, vermischt mit Pflanzenkohle aus speziellen Pyrolyseöfen, als Dünger dient. Hierzulande besitzen dezentrale Kläranlagen den Vorteil, dass sie schwach und stark verunreinigte Abwässer getrennt aufbereiten. Klinikabwasser etwa, das Arzneirückstände enthält, empfahl Czoske für die Bewässerung von begrünten Dächern, die das Klima in Städten verbessern.
Industrielle Abwässer sind ebenfalls eine wertvolle Ressource, wie Elmar Brügging von der FH Münster am Beispiel der Privatmolkerei Naarmann erläuterte. Er stellte eine Anaerobtechnik vor, die im Abwasser enthaltene Substanzen wie Proteine und Milchzucker zu Biogas umsetzt. Die Molkerei Naarmann kann so durch Senkung von Erdgasverbrauch und Abwasserkosten jährlich rund 90.000 Euro sparen.
Gesunde Böden im Fokus
Felix Ertl, Geschäftsführer von Circular Carbon aus Würzburg, kam auf die eingangs erwähnte Pflanzenkohle zurück und zeigte Fotos von Bäumen in Stockholm, die dank der Untermischung von Kohle förmlich aufblühten. Pflanzenkohle speichert Nährstoffe und regt die mikrobielle Aktivität im Boden an. Außerdem bindet sie Kohlendioxid im Boden und reduziert den Austritt von ebenfalls klimaschädlichem Lachgas. Circular Carbon produziert Pflanzenkohle auf dem Gelände einer Hamburger Kakaofabrik. 8.000 Tonnen Kakaoschalen ergeben jährlich 3.500 Tonnen Pflanzenkohle. Das bei der Verkohlung entstehende Pyrolysegas nutzt die Kakaofabrik für die Dampferzeugung und spart so Erdgas.
Auf Böden konzentriert sich auch das slowakische Unternehmen Ekolive mit Tochtergesellschaft in Paderborn. Geschäftsführerin Darina Štyriaková stellte Bodensanierungs- und Bioleaching-Verfahren vor, die Bakterien zum Schadstoffabbau sowie zur Extraktion von giftigen oder auch wertvollen Metallen nutzen. Die Auslaugungsrückstände bietet Ekolive als Dünger an, der laut Štyriaková wegen der zugesetzten Bakterien sogar Pflanzenkrankheiten vorbeugt.
Nachhaltige Nahrungsmittel: Innovative Zutaten und lokale Produktion
Gesunde Böden sind entscheidend für die Lebensmittelversorgung. Dass in der Ernährung darüber hinaus ein generelles Umdenken gefragt ist, betonte Martin Rühl vom Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie in Gießen. Er setzt auf Insekten, genauer: auf die Larven der Schwarzen Soldatenfliege, die auf Reststoffen der Lebensmittelproduktion wachsen. Aufgrund von Akzeptanzproblemen und regulatorischen Hürden schlägt Rühl die Larvenproteine und -lipide zunächst als Futtermittel vor. In der EU ist bislang nur der Gelbe Mehlkäfer als Lebensmittel zugelassen, beispielsweise in vermahlener Form als Zusatz zu Backwaren oder Nudeln.
VAN HEES aus Walluf hat probeweise schon eine Insektenwurst hergestellt, wie Forschungsleiter Alexander Stephan berichtete. Das Unternehmen beliefert die Fleischindustrie mit Gewürzmischungen sowie anderen Zusätzen und beschäftigt sich seit zehn Jahren überdies mit Fleischalternativen, darunter auch Aufschnitt aus Pilzbiomasse und pflanzliche Burger-Patties. Mit Geschmacksstoffen und anderen Produkten für die fleischfreie Ernährung erzielt VAN HEES bereits 20 Prozent seines Gesamtumsatzes.
Wer nicht komplett auf tierische Produkte verzichten möchte, sollte auf deren nachhaltige Produktion achten. Markus Stengel, Projektleiter bei REWE Region Mitte, stellte nicht nur das Green-Building-Konzept der Supermarktkette vor, sondern auch die Fisch- und Basilikumzucht des REWE-Marktes in Wiesbaden-Erbenheim. Die dort jährlich gezüchteten 20.000 Barsche werden vor Ort verarbeitet. Das stickstoffhaltige Wasser aus der Fischzucht dient als Dünger für den Basilikumanbau. Täglich werden bis 2.500 Basilikumpflanzen an die REWE-Märkte der Region ausgeliefert – in Papier statt in Plastiktöpfen.
Ob Fischzucht im Supermarkt oder Biogas aus Molkereiabwasser: Die Referentinnen und Referenten überzeugten mit ihren Konzepten für den schonenden Umgang mit Ressourcen. Die nächste Veranstaltung von Bio. Innovationen. Stärken. findet im Herbst 2022 statt. Sie widmet sich der Kreislaufwirtschaft als Basis der Bioökonomie.