Spitzenforschung im Kampf gegen den Krebs
Der Johann-Georg-Zimmermann-Forschungspreis und die Johann-Georg-Zimmermann-Medaille gehören zu den höchsten Auszeichnungen für Verdienste in der Krebsforschung in Deutschland. Die Förderstiftung MHH plus hat die Preise am Montag, 19. Juni 2023, in der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) verliehen. MHH- Präsident Prof. Dr. Michael Manns hat die Preise gemeinsam mit dem stellvertretenden Vorsitzenden der Förderstiftung, Prof. Dr. Siegfried Piepenbrock, und in Anwesenheit von Niedersachsens Wissenschaftsminister Falko Mohrs überreicht. Der Minister lobte in seinem Grußwort das beeindruckende translationale Potenzial der hier ausgezeichneten Forschung. „Obwohl sie an ganz unterschiedlichen Stationen ihrer wissenschaftlichen Karriere stehen, verkörpern die Preisträger eine moderne und leistungsstarke Onkologie, die mithilfe modernster Technik neue Muster und Mechanismen identifiziert und Anwendungsperspektiven entwickelt.“
Mit der Johann-Georg-Zimmermann- Medaille wurde Prof. Dr. Hinrich Abken, Direktor am Leibniz-Institut für Immuntherapie und Inhaber des Lehrstuhls für Gen-Immuntherapie an der Universität Regensburg, für seine Verdienste um die Immuntherapie onkologischer Erkrankungen ausgezeichnet. Professor Abken ist Pionier in der Entwicklung der CAR-T-Zellen, die inzwischen weltweit erfolgreich zur Behandlung von Lymphomen und Leukämien eingesetzt werden. Seine Arbeiten aus der Grundlagenforschung haben das translationale Potential der synthetischen Immunologie in der modernen Krebsforschung gezeigt, die Behandlung von Tumoren maßgeblich verändert und neue Impulse in der Immuntherapie gesetzt.
Den mit 10.000 Euro dotierten Johann-Georg-Zimmermann-Forschungspreis, gerichtet an junge Krebsforscherinnen und Krebsforscher für ihre aktuelle wissenschaftliche Arbeit, erhielt Dr. Mark Schmitt. Er leitet eine eigene Forschungsgruppe am Pharmakologischen Institut des Fachbereichs Medizin der Philipps-Universität Marburg. Der Tumorbiologe erforscht Prozesse, die sowohl bei der Entwicklung als auch der Therapie-Resistenz von Darmtumoren eine Rolle spielen und beschäftigt sich vor allem mit der Frage, wie diese Resistenz therapeutisch überwunden werden kann.
„Mit Prof. Dr. Hinrich Abken ehren wir einen international ausgewiesenen Krebsforscher, der wesentliche Beiträge zur Immuntherapie von Tumoren geleistet hat“, betonte MHH-Präsident Prof. Dr. Michael Manns. „Und Dr. Mark Schmitt forscht erfolgreich an neuen Wegen zur Überwindung von Therapieresistenz bei Tumoren.“
Herausragender Wissenschaftler mit Vision für die klinische Anwendung
Prof. Dr. Hinrich Abken gilt als einer der Pioniere einer neuen Form der immunologischen Krebstherapie, der sogenannten CAR T-Zell Therapie, die inzwischen weltweit erfolgreich für die Therapie von Lymphomen und Leukämien und zunehmend darüber hinaus angewendet wird.
Hinrich Abken studierte Medizin in Essen, wo er schon während des Studiums in die experimentelle Krebsforschung einstieg. Nach Promotion und Postdoktoranden Zeit in der Molekular- und Zellbiologie am Westdeutschen Tumorzentrum) wechselte er 1987 als Arbeitsgruppenleiter an das Institut für Genetik der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn wo er 1993 in den Fächern Genetik und Immunologie habilitierte. Noch im selben Jahr erhielt er den Ruf auf die Professur für Tumorgenetik an der Klinik I für Innere Medizin der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln, wo er sich der Erforschung der Immunantwort gegen Tumore zuwandte. „Wir waren fasziniert von der Idee, ob sich die Immunantwort der T-Zellen spezifisch gegen Tumore richten lässt“, sagt Prof. Abken. Schon 1994 entwickelte seine Arbeitsgruppe rekombinante Erkennungsmoleküle, die heute als „Chimäre Antigen Rezeptoren“ (CARs) bekannt sind. Durch innovative Anwendung der Werkzeuge der synthetischen Immunologie konnte die anfängliche Vision einer Immunzell-getriebenen Antwort gegen Tumore zur Entwicklung mehrerer Generationen von CARs geführt werden, von denen einige inzwischen weltweit erfolgreich in der Klinik eingesetzt werden. In 25 Jahren Pionierarbeit, visionärer Forschung und Entwicklung in der synthetischen Immunologie am Zentrum für Molekulare Medizin Köln gelang es ihm, die anfängliche Idee einer gerichteten T-Zell Antwort in ein solides Konzept des „CAR Engineering“ zu gießen, das von vielen Gruppen im In- und Ausland aufgenommen wurde und stets weiterentwickelt wird. Viele Gastwissenschaftler aus dem In- und Ausland haben in seinem Labor die neuen Technologien erlernt und in ihre Heimatinstitute weitergetragen. Im Jahr 2018 wechselte Prof. Abken an die Universität Regensburg, wo er den Lehrstuhl für Gen-Immuntherapie innehat, am Aufbau des Leibniz Instituts für Immuntherapie (LIT) wesentlich mitgewirkt hat und dort Mitglied des Direktoriums ist.
Therapie-Resistenz bei Darmtumoren überwinden: Innovative Forschung entschlüsselt die richtigen Mechanismen
Darmkrebs ist eine der häufigsten krebsbedingten Todesursachen und ist vor allem in späten Stadien schwer behandelbar, da die Tumore Therapie-Resistenzen entwickeln. Der Tumorbiologe Dr. Mark Schmitt erforscht Prozesse, die sowohl bei der Entwicklung als auch der Therapie-Resistenz von Darmtumoren eine Rolle spielen und beschäftigt sich vor allem mit der Frage, wie diese Resistenz therapeutisch überwunden werden kann.
Er konnte in seiner aktuellen Arbeit in präklinischen Modellen zeigen, dass Krebszellen die während der Chemotherapie absterben, den zellulären Energieträger ATP (Adenosintriphosphat) ausstoßen, um ihre Nachbarzellen zu „warnen“. Das ATP bindet an spezielle Rezeptoren (P2X4-Rezeptoren) auf der Oberfläche umliegender Tumorzellen, wodurch in diesen Zellen unmittelbar ein Überlebensmechanismus (mTOR Signalweg) aktiviert wird, der sie vor dem Zelltod schützt und resistent gegenüber der Behandlung macht. Wird dieses „Warnsignal“ medikamentös unterbunden, erhöht dies die Effizienz der Therapie und macht ursprünglich resistente Tumore behandelbar. Entsprechende Therapien sollen nun auch in klinischen Studien getestet und auch auf weitere Tumorarten ausgeweitet werden.
Die Ausschüttung von Botenstoffen durch absterbende Zellen ist normalerweise ein Mechanismus, um die Wundheilung im Rahmen einer Verletzung zu aktivieren und wurde von den Krebszellen adaptiert, um den Tumor resistent gegenüber zellschädigender Therapie zu machen. „Es ist erstaunlich, wie Tumore normale zelluläre Prozesse zu ihren Gunsten nutzen, um sich auf jede erdenkliche Art einer therapeutischen Kontrolle entziehen. Es ist für mich ein großer Antrieb, diese Mechanismen zu entschlüsseln und dadurch neue Ansätze zur Krebsbehandlung zu schaffen“, sagt Schmitt.
Dr. Mark Schmitt hat seine wissenschaftliche Karriere schon früh darauf ausgelegt, regenerative Prozesse im Darm besser zu verstehen, um diese im Kontext der Krebsentwicklung zur untersuchen. Nach seinem Biologiestudium in Karlsruhe promovierte Schmitt am Karlsruhe Institute of Technology und wechselte danach ans renommierte Erasmus Medical Center in Rotterdam. Im Anschluss arbeitete er im Labor von Prof. Florian Greten am Georg-Speyer-Haus in Frankfurt und war assoziiert am LOEWE-Zentrum Frankfurt Cancer Institute.
Seit 2021 leitet der 39-jährige eine eigene Forschungsgruppe am Pharmakologischen Institut des Fachbereichs Medizin der Philipps-Universität Marburg. Sein Ziel ist, mit seinem Labor und in (standortübergreifender) Kooperation mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des UCT Frankfurt-Marburg weitere Wege zu finden, die Krebsbehandlung zu verbessern. (Pressetext: Medizinische Hochschule Hannover)