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30.01.2024

Nachhaltigkeit im Textilservice – Logistik im Fokus

Im Forschungsprojekt Sustainable Ownership Model (SOM) wird die Rolle der Nachhaltigkeit des Mietens von Arbeits- und Berufsbekleidung mit dem konventionellen Kaufgeschäft dieser Textilien im professionellen Kontext verglichen. Das zentrale Ziel des innovativen Vorhabens besteht darin, die drei Säulen der Nachhaltigkeit über den gesamten Lebenszyklus von Arbeits- und Berufsbekleidung systematisch zu untersuchen. Hierdurch wird eine Bewertung verschiedener Geschäftsmodelle – aus Sicht der Kleidungsträger:innen – in einem Performance-Measurement-System ermöglicht.

„Wir unterscheiden zwei grundsätzliche Szenarien: den Kauf von Arbeits- und Berufsbekleidung sowie die Miete beziehungsweise das Sharing von Workwear“, erklärt Prof. Dr. Hartmut Werner vom Fachbereich Wiesbaden Business School der Hochschule RheinMain (HSRM). „Im Forschungsprojekt SOM schauen wir uns für beide Szenarien die ökonomische, die ökologische und die soziale Dimension von Nachhaltigkeit an und entwerfen ein Modell, das die drei Säulen der Nachhaltigkeit auf eine Spitzenkennzahl zusammenführt und den kompletten Lebenszyklus von Textilien berücksichtigt. SOM orientiert sich dabei an etablierten Ansätzen wie Total-Cost-of-Ownership und Lifecycle-Costing, erweitert diese jedoch explizit um die ökologische Nachhaltigkeit, insbesondere den Carbon Footprint, sowie die soziale Nachhaltigkeit, das sogenannte Social-Lifecycle-Assessment“, so Prof. Dr. Werner.

Logistik im Fokus

Im Modell betrachten die Wissenschaftler:innen verschiedene Ebenen. Dazu zählen beispielsweise die Beschaffung der Bekleidung, die Produktion, der Waschvorgang und die Logistik, wobei im Vorhaben schwerpunktmäßig begleitende Logistikaktivitäten untersucht werden. Diese sind notwendig, um den regelmäßigen Austausch von Textilien sicherzustellen. „Zur Wahrung der Sharing Economy sind unterschiedliche Logistik-Bausteine einsetzbar, darunter Freight Sharing, Warehouse Sharing und Fleet Sharing. Wir beziehen uns bei SOM auf diese und weitere Ansätze und untersuchen verschiedene Zustellkonzepte. Dazu zählen beispielsweise elektrifizierte Lösungen wie Lastenräder auf der letzten Meile oder der Einsatz umweltschonender Wasserstoff-Lkw“, sagt Prof. Dr. Benjamin Bierwirth von der Frankfurt University of Applied Sciences.

Lockersystem aus Forschungsprojekt „Open-B2B-Sharing“

Viele Sharing-Modelle funktionierten erst durch die Nutzung cleverer Logistiklösungen, so Prof. Dr. Bierwirth: „In unserem kürzlich abgeschlossenen Forschungsprojekt ‚Open-B2B-Sharing‘ wurde die bessere Nutzung des urbanen Raums für die Distribution von Arbeits- und Berufskleidung untersucht. Diese Arbeiten führen wir im Projekt SOM gezielt fort. Konkret geht es hier um die Nutzung modifizierter Lockersysteme, die den Distributionsvorgang vereinfachen können. Sowohl getragene als auch gereinigte Kleidung kann von den Nutzer:innen ebenso in dem Lockersystem deponiert und abgeholt werden, wie vom Sharing-Geber. Für SOM ist zu erwarten, dass sich Frachtströme bündeln, wodurch sämtliche drei Säulen der Nachhaltigkeit – durch den Einsatz derartiger Lockersysteme – direkt betroffen sind“, erklärt der Logistikexperte. Verglichen mit dem Mietgeschäft sei der Logistikaufwand beim Kauf von Arbeits- und Berufsbekleidung geringer, vermuten die Wissenschaftler:innen. So werde die Ware bei Miete/Sharing mehrfach zwischen Eigentümer:innen und Nutzer:innen ausgetauscht, wodurch sich eine zusätzliche Belastung für Umwelt und Verkehr ergeben könnte. Allerdings ließen sich beim Sharing-Modell auch gezielt Ressourcen einsparen. „Vorausgesetzt, die Verteilsysteme sind clever und hocheffizient konzipiert“, so Prof. Dr. Werner.

Reinigung und Qualitätssicherung ebenfalls untersucht

Im Sustainable Ownership Model berücksichtigen die Forscher:innen neben begleitenden Logistikaktivitäten auch die Reinigung und die Qualitätssicherung von Arbeits- und Berufsbekleidung. Wichtige Zielgrößen darin sind CO2-Emissionen, Wasserverbrauch, Arbeitsbedingungen und Logistikprozesse. „Bei Mietwäsche ist davon auszugehen, dass ein umweltgerechtes Waschen der Kleidung durch den optimalen Einsatz von Wasser und Waschmitteln erfolgt. Dies ist bei der Kleidungsreinigung durch die Nutzer:innen selbst vermutlich nicht der Fall. Die professionelle Instandhaltung erhöht zudem die Lebensdauer von Mietwäsche und entlastet unsere Umwelt“, so Prof. Dr. Werner. Zur weiteren Datengenerierung und für den Kontakt zu geeigneten Interviewpartner:innen nutzt das Forschungsteam unterschiedliche Netzwerke, etwa die Plattform House of Logistics and Mobility (HOLM) Frankfurt, die Handwerkskammer Wiesbaden und die IHK Wiesbaden. Mit den vorgestellten Maßnahmen wollen die Wissenschaftler:innen den Markt der Workwear als Ganzes erfassen und unternehmensübergreifende Analysen ermöglichen sowie Handlungsempfehlungen für die Branche ableiten.

Effizient, ressourcen- und umweltschonend

„Die bisherige Datengrundlage zur Abwägung über Kauf oder Miete/Sharing von Arbeits- und Berufsbekleidung ist unzureichend, insbesondere weil sie nicht vergleichend ist. Wir gehen im Projekt SOM weiter, indem wir ökologische, ökonomische und soziale Einflussfaktoren messen und konsequent gegeneinander abwägen. Dazu definieren wir geeignete Kennzahlen, die integrativer Bestandteil unseres Performance-Measurement-Systems sind. Das Neue an SOM ist die Idee, einen modernen Konsum von Arbeits- und Berufsbekleidung zu ermöglichen, der sich gleichermaßen effizient, ressourcen- und umweltschonend sowie sozialverträglich ausrichtet“, so Prof. Dr. Werner.

Über das Projekt SOM

Beteiligt an dem Vorhaben sind Wissenschaftler:innen der Hochschule RheinMain in Kooperation mit der Frankfurt University of Applied Sciences, der MEWA Textil-Service SE, der Handwerkskammer Wiesbaden sowie der IHK Wiesbaden. Dieses Projekt (HA-Projekt-Nr.: 1644/23-197) wird seit dem 1. November 2023 aus Mitteln des Landes Hessen und der HOLM-Förderung im Rahmen der Maßnahme „Innovationen im Bereich Logistik und Mobilität“ des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen mit einem Gesamtvolumen von 209.200 € gefördert.

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