Forschungscluster: Große Chancen für die Entwicklung neuer Ansätze in der Therapie
Wissen vernetzen und Kompetenzen bündeln – gerade im Bereich der medizinischen Forschung birgt dies ein großes Potenzial, die Gesundheitsversorgung entscheidend zu verbessern. Dies zeigt sich insbesondere bei der Entwicklung neuer Therapien für Krankheiten mit einem hohen, ungedeckten medizinischen Bedarf sowie der Verfolgung von Ansätzen zum besseren Verständnis der molekularen Mechanismen von Krankheiten. Davon konnten sich Dr. Stefaniya Gencheva, Projektleiterin für Life Sciences und Bioökonomie beim Technologieland Hessen, sowie Dr. Kerstin Frings und Sven Mayer von der Clusterberatung bei einem Besuch am Institut für Biochemie II (IBCII) am Universitätsklinikum Frankfurt am Main überzeugen.
Dort werden unter anderem zwei Cluster koordiniert: das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte „Cluster 4 Future“ PROXIDRUGS und das hessische Cluster ENABLE. Ziel ist es, nicht nur die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit zu stärken, sondern auch komplementäre Kompetenzen zu nutzen und starke Forschungsverbünde zu bilden.
Forschung an innovativen Therapiekonzepten
Der PROXIDRUGS-Cluster fokussiert sich besonders auf die Entwicklung neuer Therapien für Krankheiten mit einem hohen, ungedeckten medizinischen Bedarf, indem er das innovative Konzept des gezielten Proteinabbaus nutzt. „Proximity“(durch Nähe)-induzierte Wirkstoffe können hochspezifisch den Abbau von krankheitsrelevanten Proteinen auslösen, indem sie diese dem zellulären Recyclingsystem zuführen. Dies eröffnet neue therapeutische Möglichkeiten für ein breites Spektrum an Krankheiten. Man geht davon aus, dass die rund 80 Prozent der Proteine, die bisher als nicht pharmazeutisch adressierbar galten, mit dieser Strategie erreicht werden können.
PROXIDRUGS strebt die Verbesserung dieser neuen Wirkstoffklasse in mehrfacher Hinsicht an: Die Strategie umfasst dabei sowohl die Identifizierung geeigneter funktioneller Untereinheiten für das Molekül-Engineering und die gezielte Optimierung der pharmakologischen Eigenschaften als auch die Validierung in zellulären Modellen. In insgesamt 11 Forschungsprojekten wird intensiv an der Identifizierung und Optimierung dieser Moleküle gearbeitet.
Neue Ansätze für die molekulare Medizin
Der Cluster ENABLE fokussiert sich auf die Erforschung biologischer Mechanismen des zellulären Gleichgewichts und von Krankheiten wie Infektionen und Entzündungen. Auf dieser Basis sollen neue therapeutische Ansätze entwickelt und personalisierte Therapien ermöglicht werden. Ein Forschungsziel ist es, die Vorgänge zu verstehen, die den Körper als Ganzes, die Organe und die einzelnen Zellen im Gleichgewicht – in sogenannter Homöostase – halten. Damit können Stoffwechsel und Organerneuerungen gemanagt sowie äußere Störungen, etwa durch Infektionserreger, ausgeglichen werden. Weitere ENABLE-Forschungsschwerpunkte befassen sich mit bakteriellen und viralen Invasionsmechanismen und Interaktionen zwischen Wirt und Pathogen. Daraus könnten neue therapeutische Strategien gegen Antibiotika-resistente Bakterien und existierende bzw. neu auftretende Viren, wie SARS-CoV-2, entstehen.
Innovative Reagenzien basierend auf der „Genschere“
Das Start-up Vivlion, eine Ausgründung der Goethe-Universität Frankfurt, legt den Fokus auf die Herstellung von CRISPR/Cas-Reagenzien für das funktionelle Screening von Genen und Genkombinationen. Die CRISPR/Cas-Technik ist eine molekularbiologische Methode, um DNA gezielt zu schneiden und zu verändern. Diese nobelpreisgekürte Technik hat die Molekularbiologie revolutioniert, denn sie verändert Erbmaterial extrem zielgenau. Mit dem CRISPR-Screening können bisher unbekannte Genfunktionen oder neue therapeutische Ziele identifiziert werden, auch werden Einblicke in die Wirkmechanismen von Arzneimitteln ermöglicht. Mit innovativen Reagenzien macht Vivlion die Methode noch leistungsfähiger und treibt damit die Entwicklung neuer Therapien voran.
Die Beispiele zeigen: Cluster sind ein zentrales Element innovationsorientierter Forschung. Die Vernetzung fördert die Entwicklung neuer Therapieansätze und ermöglicht es, den Technologietransfer von der universitären Forschung in die industrielle Anwendung zu beschleunigen.