„Mit KI zu neuen Horizonten in der personalisierten Medizin - Praxisbeispiele aus Diagnostik und Molecular Engineering“ | Nachbericht zum Workshop
Am 03. September fand die 13. Jahrestagung des House of Pharma & Healthcare auf dem Campus Westend der Goethe-Universität statt. Das House of Pharma & Healthcare ist ein Zusammenschluss von Akteuren der Pharma- und Gesundheitsbranche, die in einem Netzwerk öffentlich-privater Partnerschaft die aktuellen und künftigen Herausforderungen an die Arzneimittelforschung, Patientenversorgung und Gesundheitspolitik diskutieren und durch gemeinsame Aktionen und eine starke Vernetzung der Region nach Lösungen für diese Herausforderungen sucht.
Ein Thema, das die Gesundheitsbranche von heute bereits neu formt, ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). Das Technologieland Hessen, das jedes Jahr im Rahmen der Jahrestagung in Form eines Workshops auf innovative Ideen aus Hessen aufmerksam macht, griff in diesem Jahr das Thema KI auf und gestaltete einen Workshop, bei dem hessische Forschungseinrichtungen und Unternehmen Praxisbeispiele für den Einsatz dieser Technologie vorstellten.
Nach einer kurzen Einführung in die Thematik stellte Dr. med. Michael von Wagner, Oberarzt Medizinische Klinik 1 und Chief Medical Informatics Officer am Universitätsklinikum Frankfurt, einige KI-Projekte vor und stellte dabei zwei besonders in den Vordergrund: das Saturn-Diagnoseportal sowie SUSAN. Saturn, das Smarte Arztportal für Unklare Erkrankungen ist ein vom Bundesministerium für Gesundheit gefördertes Projekt. Ziel ist es, dass Praxen bei einer unklaren Diagnose Patientendaten in das System eingeben können und die zugrundeliegende KI verschiedenste Datenbanken, Publikationen und Leitlinien nach ähnlichen Symptomen durchsucht und Diagnosevorschläge und Handlungsempfehlungen liefert und dadurch die ärztliche Entscheidung unterstützt. SUSAN hingegen überwacht Patientenparameter und alarmiert behandelndes Personal, sobald Anzeichen einer beginnen Sepsis vorliegen. Vor allem im Krankhaus erworbene Infektionen stellen ein immer größer werdendes Problem dar. Die KI interpretiert die Patientendaten und erstellt ein Risikoprofil. Ziel ist eine Senkung der Sterblichkeit, Erhöhung der Patientensicherheit und eine Reduzierung der Behandlungskosten.
Herr Dr. Daniel-Timon Spanka, Product Manager Data Analytics bei der Alcedis GmbH aus Gießen stellte in seinem Vortrag die KI-basierte Software Meteor® vor, mit der die Auswertung von Daten für Klinische Studien vereinfacht werden kann. Die Software ist für die forschende Pharmazeutische Industrie und für Klinische Forschungsorganisationen interessant. In laufenden klinischen Studien werden große Datenmengen erhoben und in elektronischen Erhebungsbögen oder eCRFs (engl. electronic case report form) gespeichert. Die Qualität der Daten ist nicht nur für die Auswertung der Studien entscheidend, sondern auch für die Patientensicherheit essenziell. Da es bei den erhobenen Daten oft Freitextpassagen gibt, liegt hier eine mögliche Fehlerquelle für ungenaue oder unklare Formulierungen vor. Daher muss jeder einzelne Text von Experten manuell geprüft werden. Meteor® unterstützt das Fachpersonal, in dem KI automatisch fehlerhafte Textpassagen erkennt. Zusätzlich können Texte im Stapel verarbeitet und mit der individuellen Patientenhistorie abgeglichen werden. Das führt zu einer großen Zeitersparnis und Effizienzsteigerung im klinischen Datenmanagement.
Im dritten und letzten Vortrag des Workshops stellte Herr Joseph Heenan sein Startup Proteineer vor. Das Unternehmen entwickelte eine KI, mit der es möglich ist, aus großen Datenbanken potenzielle Wirkstoffmolekülen für die pharmazeutische Industrie zu identifizieren. Die KI sucht anhand vorab festgelegter (bzw. gewünschter) Eigenschaften, die in die Suchmaske eingegeben werden, nach passenden Proteinstrukturen, die anschließend synthetisiert und getestet werden können. Die Entwicklung neuer Moleküle könnte dadurch schneller und kostengünstiger ermöglicht werden. Die KI soll auch Off-Target-Effekte, also zusätzliche Wirkungen des Proteins außerhalb des für den Einsatz vorgesehenen Bereichs, identifizieren oder herleiteten können.
Insgesamt konnten sich die Teilnehmenden des Workshops einen guten Überblick über die Einsatzmöglichkeiten von KI in und aus hessischen Unternehmen verschaffen. In Hessen wird bereits an weiteren Innovationen im Bereich KI und personalisierte Medizin geforscht und gearbeitet.