Wenn Forschung auf Trink- und Abwasser trifft
Hinter der digitalen Transformation der Kläranlagen verbirgt sich, dass beispielsweise die Überwachung der Prozesse in Kläranlagen zur Reinigung des Abwassers digital abläuft. Doch Digitalisierung bietet nicht nur Vorteile wie eine Überwachung rund um die Uhr. Sie ist auch anfällig für Cyberkriminalität. Dieses Thema stand bei einer Fachtagung des Landesverbands der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA) im Fokus. Dazu hatte der Fachbereich Bauwesen der THM gemeinsam mit dem Regierungspräsidium Gießen und der Ingenieurkammer Hessen mit eingeladen. Forschende wie Prof. Dr.-Ing. Ulf Theilen und seine Kollegen Prof. Dr.-Ing. Linda Knorr und Prof. Dr.-Ing. Steffen Heusch präsentierten aktuelle Erkenntnisse aus ihrer Arbeit. Theilen stellte hierbei vor, welche Herausforderungen sich aufgrund der neuen Kommunalabwasserrichtlinie zukünftig ergeben. Aber auch Praktikerinnen und Praktiker aus Mittelhessen und Deutschland gaben Einblicke in die Abwasserentsorgung.
Neben der Cybersicherheit stand die Vorbereitung auf eine Krise, wie das Hochwasser im Ahrtal, im Fokus. In einem sehr persönlichen Bericht zeigte Markus Becker, der ein eigenes Ingenieurbüro im Ahrtal betreibt, wie unvorbereitet das Hochwasser die Menschen getroffen hat. „Ich habe die maximale Überforderung erlebt“, sagte er. Er riet den Ver- und Entsorgern, sich bereits im Vorfeld Gedanken darüber zu machen, wer im Krisenfall eingesetzt werden kann. „80 Prozent hängt von den Menschen ab. Wenn alle in der Krise sind, sind Ihre Mitarbeitenden dann einsatzbereit?“ Etwas wie ein Hochwasser betreffe nicht nur die öffentliche Versorgung, die schnellstmöglich wiederhergestellt werden muss. Auch jede und jeder Einzelne ist persönlich betroffen, muss sich um Angehörige und das Hab und Gut kümmern. Sein Lösungsansatz: „Stellen Sie sich gut mit Ihren Nachbarn. Die braucht man in der Katastrophe.“ Für die Trink- und Abwasserverbände bedeutet das, kommunale Partnerschaften zu pflegen. „Die Werkleitungen müssen gegenseitig lernen, wie sie das Werk der Nachbarverbände führen können, sollte Ihr Werkleiter ausfallen“, riet er.
Auch bei einem Cyberangriff handelt es sich um einen Krisenfall. Für die Firma Kessel berichtete IT-Leiterin Andrea Weiher von ihren Erfahrungen. Das Unternehmen war 2021 Opfer von Hackern geworden. Nicht nur, dass die Computer und Telefonanlage nicht mehr nutzbar waren, auch die Schließsysteme in den Gebäuden funktionierten beispielsweise nicht mehr. Auch ihre Erkenntnis: Auf einen solchen Fall können sich Institutionen, Verwaltungen und Firmen vorbereiten und einen Notfallplan aufstellen. So ist es beispielsweise möglich, im Vorfeld schon Arbeitsprozesse oder Dienstleistungen zu priorisieren. Auch wer in einem Krisenstab mitarbeitet, kann festgelegt werden. Wichtig sei, im Fall eines Cyberangriffs alles genau zu protokollieren und nach überstandener Krise alles noch einmal zu überprüfen.
Die anwesenden Praktikerinnen und Praktiker, unter denen unter anderem eine Bürgermeisterin, Mitarbeitende aus den Kommunen und den Überwachungsbehörden waren, nutzten die Gelegenheit, sich zu vernetzten und Erfahrungen mit den neuesten Verordnungen rund um die Abwasserentsorgung auszutauschen.