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28.02.2025

Nachbericht zur Bio. Innovationen. Stärken.-Auftaktveranstaltung | Die Farben der Biotechnologie – Von Rot bis Violett am 13.02.2025

Mit der Veranstaltungsreihe Bio. Innovationen. Stärken. geht das Technologieland Hessen der Frage nach, welche Innovationen die verschiedenen Bereiche der Biotechnologie hervorbringen und wie sich diese im Sinne einer biobasierten Wirtschaft nutzen lassen. Insgesamt fünf Veranstaltungen zu den verschiedenen „Farben“ der Biotechnologie liefern im Jahr 2025 einen branchenübergreifenden Einblick in interessante Technologien und Verfahren von Unternehmen und Wissenschaft und vermitteln die zugrundeliegenden Trends und Herausforderungen. Die Auftaktveranstaltung am 13. Februar lockte über 80 interessierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer in das Jügelhaus der Senckenberg-Gesellschaft nach Frankfurt.

Nach einem digitalen Grußwort des Staatssekretärs Umut Sönmez, Hessisches Wirtschaftsministerium und Grußworten von Dr. Martin Cepek, Senckenberg-Gesellschaft für Naturforschung, sowie Dr. Rainer Waldschmidt von der Hessen Trade & Invest GmbH, betonte Prof. Jochen Maas (Initiative Gesundheitsindustrie Hessen, IGH) die Wichtigkeit der Biotechnologiebranche für den Wirtschaftsstandort Hessen. Die Vorteile der Biotechnologiebranche sind die Unabhängigkeit von millionenschweren Subventionen und Bodenschätzen, der relativ geringe Energiebedarf sowie noch vorhandene Fachkräfte. Wichtig sei allerdings, die Produktion von bspw. Biologicals (Arzneimittel, die mit Hilfe von biotechnologischen Methoden zum Beispiel aus Bakterien gewonnen werden) in Deutschland zu halten, damit die Wertschöpfungskette nicht ins Ausland abwandert.

Mit dieser Thematik beschäftigte sich auch der Vortrag von Dr. Isma Hachi von IQVIA. Die USA befinden sich, was die Zulassung neuer Therapeutika betrifft, auf der Überholspur. Sie stellte die globale Situation der Pharmabranche dar und betonte, dass zukünftig die Ausgaben weltweit für die Biotechnologiebranche steigen würden.

Auch BIO Deutschland, das Sprachrohr der deutschen Biotechnologiebranche, sieht in der Biotechnologie eine Zukunfts- und Schlüsseltechnologie. Dr. Claudia Englbrecht erklärte, dass deutsche Biotechnologie-Unternehmen im Schnitt 30 % ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung investieren. Ein Wert, den nicht einmal die Pharmabranche erreiche. Die Branche sei ein Beschäftigungsmotor, der Wohlstand, Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftswachstum schaffe. Durch den von der EU geplanten Biotech Act erhofft sich BIO Deutschland vor allem eine Verbesserung des Finanzierungsumfelds, eine Vereinfachung der Regularien sowie eine Stärkung von Kooperationen innerhalb der EU.

Dr. Kathrin Rübberdt von der DECHEMA ebnete mit ihrem Vortrag den Weg in die Farben der Biotechnologie und stellte die Weiße, also industrielle Biotechnologie als Möglichmacher für die Bioökonomie vor. Typische Beispiele für Weiße Biotechnologie sind beispielsweise der Einsatz von Enzymen in Waschmitteln, die Herstellung von Zitronensäure oder Vitamin B2 mithilfe von Mikroorganismen oder der Einsatz von Enzymen, um chemische Verfahren zu ersetzen.

Bei CSL Behring in Marburg kommt vor allem die Rote Biotechnologie zum Einsatz: Martina Schneider stellte als Beispiele für diesen medizinischen Zweig der Biotechnologie die Gentechnik vor. Das Unternehmen erforscht und entwickelt Gentherapien, die Menschen mit seltenen Erkrankungen eine Aussicht auf Heilung geben können und deren Lebensqualität verbessern.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch das Frankfurter Unternehmen BioSpring. Dr. Kerstin Stangier erklärte, dass konventionelle Medikamente Proteine angreifen. Die Genschere CRISPR/Cas hingegen könne Krankheiten direkt an der „Wurzel“ bekämpfen. Durch die Genschere sei es möglich auch genetisch bedingte Krankheiten zu heilen. Die Komponenten, die dafür benötigt werden, sogenannte Oligonukleotide werden bei BioSpring produziert.

An einer anderen Art innovativer Wirkstoffe forscht das Cluster PROXIDRUGS. Hier werden zwei biologische Moleküle miteinander gekoppelt, um zum Beispiel ein Wirkstoffmolekül mit einem Zielrezeptormolekül an den Wirkort in der Zelle zu transportieren. Diese neue Klasse wird „proximity-induced drugs“ genannt. Laut Prof. Aimo Kannt hätten diese neuen Moleküle eine besonders lange Wirkdauer und seien somit für die Pharmabranche von großem Interesse.

Wieder bei der Weißen Biotechnologie angekommen zeigte Dr. Martin Langer (BRAIN Biotech AG) das vielfältige Potenzial von Enzymen auf, die als Lösungsansätze für viele Probleme unserer modernen Welt wie Umweltverschmutzung oder der Versorgung mit ausreichend Nahrungsmitteln verwendet werden könnten. Mit Enzymen lasse sich zum Beispiel die Nahrungsmittelverschwendung reduzieren, indem Lebensmittel länger haltbar gemacht oder Plastikmüll als Ressource genutzt werden, indem dieser von Enzymen abgebaut wird.

Um Innovationen in Biotech-Unternehmen zu ermöglichen, bedarf es unter anderem auch der passenden Förderung. Diese wurde von Sebastian Hummel vom Hessischen Wirtschaftsministerium vorgestellt. Die F&E-Förderung sei ein Instrument, um Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitenden mit einer Betriebsstätte in Hessen mit bis zu 500.000 Euro zu fördern. Das Programm richte sich vor allem an Unternehmen, deren Ideen bereits einen Technologiereifegrad von mind. 2 bis 4, optimalerweise von 5 bis 8 haben.

Die Arbeitsgruppe von Prof. Viktor Stein von der TU Darmstadt beschäftigt sich mit maßgeschneiderten biologischen Systemen, die als gesellschaftliche und ökonomische Treiber im Bereich der Medizin, Bioökonomie oder Sensorik dienen können. Mit dem Ansatz der Synthetischen Biologie ist die Arbeitsgruppe u.a. auf die Entwicklung spezieller Sensoren spezialisiert, mit denen man zum Beispiel die Versorgung menschlicher Gewebe mit Sauerstoff überwachen kann. Ziel sei es, intelligente und autonom agierende Biomaterialien herzustellen.

Die Interessen der Arbeitsgruppe von Prof. Eric N. Helfrich können sowohl der Roten als auch der Goldenen (technische Voraussetzungen) Biotechnologie zugeordnet werden. In der Natur gebe es viele bisher ungenutzte Naturstoffe, die häufig eine breite Anwendung als Medikament zulassen würden. Die chemische Synthese dieser Naturstoffe sei allerdings sehr aufwendig und benötige meist einen Naturstoff als Ausgangsprodukt. Eine durch Künstliche Intelligenz gestützte biotechnologische Herstellung dieser Stoffe erweise sich als wesentlich effizienter.

Das Unternehmen Phaeosynt aus Hannover, das diagnostische Antikörper in Kieselalgen produziert, kann der Grünen und Roten Biotechnologie zugeordnet werden. Dr. Alina Eilers hob die Vorzüge der Antikörperherstellung in Algen im Vergleich zu einer konventionellen Herstellung in Tieren hervor: Die Algen seien günstig in der Anzucht, die Qualität der Antikörper gleichbleibend - auch in verschiedenen Chargen - und sie seien pathogen- sowie tierfrei, nachhaltig und günstig. Als erstes Produkt bringt das Unternehmen einen Schwangerschaftstest auf den Markt, der mit Kieselalgen-Antikörpern funktioniert.

Das Gehäuse für den Schwangerschaftstest von Phaeosynt wird vom hessischen Unternehmen BIOVOX produziert. Das Unternehmen stellt Biokunststoffe für Medizintechnik, Pharma und Labor her und hat es sich laut Carmen Rommel zur Aufgabe gemacht, den Kunststoffmüll im Healthcare-Bereich zu reduzieren. Diese Branche habe einen schlechteren CO2-Fußabdruck als Schifffahrt und Flugverkehr zusammengenommen.

Auch mit der Gelben Biotechnologie kann zur Reduzierung der CO2-Belastung beigetragen werden. Prof. Andreas Vilcinskas von der Justus-Liebig-Universität Gießen und dem Fraunhofer IME erklärte am Beispiel der Palmölproduktion in Indonesien, wie man Insekten für eine zirkuläre Bioökonomie einsetzen kann. Die Reste aus der Palmölindustrie könnten der Schwarzen Soldatenfliege als Futter dienen. Aus den Fliegen ließen sich sowohl Proteine als Nahrungs- und Futtermittel, als auch Fette für beispielsweise Schmierstoffe gewinnen. Auch das Chitin, Chitosan oder Melanin aus der Fliege könnten als Rohstoffe für die Kosmetikindustrie dienen. Was bei der Anzucht der Fliegen übrig bleibe, könne wiederum als Dünger für die Palmen in Indonesien dienen. Das Fraunhofer Institut arbeitet noch an vielen weiteren Möglichkeiten, Insekten für die zirkuläre Bioökonomie einzusetzen.

Doch Gelbe Biotechnologie hat nicht nur mit Insekten zu tun, sondern, je nach Definition, auch mit Lebensmitteln. Michael Erkes von Novonesis machte in seinem Vortrag anschaulich, dass der Mensch bereits seit tausenden Jahren Biotechnologie einsetzt, um Lebensmittel durch Fermentation schmackhaft zu machen. Heutzutage könnten Mikroorganismen dabei helfen, Lebensmittel länger haltbar zu machen, indem sie den Sauerstoff in durchlässigeren Kunststoffverpackungen verbrauchten oder sie würden eingesetzt, um pflanzenbasierte Fleischalternativen schmackhafter zu machen.

Den Abschluss der Veranstaltung bildete der Vortrag von Dr. Harald König vom Karlsruhe Institute of Technology (KIT) zur Violetten Biotechnologie, die sich mit den Sicherheitsfragen der Biotechnologie befasst. Die Biologie werde durch den Einsatz Synthetischer Biologie, Genom-Editierung und Künstlicher Intelligenz immer mehr zur Technologie. Dies biete ein großes Potenzial für Forschung und Entwicklung, allerdings auch für potenziellen Missbrauch. Umso wichtiger ist die Arbeit des Instituts für Technologiefolgenabschätzung und Systemanalyse, das die Bundesregierung zu Fragen rund um die Sicherheit von Technologien berät.

Die nächste Veranstaltung findet am 13. Mai 2025 als Onlineveranstaltung statt und wird sich schwerpunktmäßig mit der Grünen und Blauen Biotechnologie, also der Pflanzen- und aquatischen Biotechnologie, beschäftigen. Wir würden uns freuen, Sie dort begrüßen zu dürfen.

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