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25.03.2025

Rohstoffe digital gesehen | Nachbericht zur „Beyond Elements“-Veranstaltung am 25. Februar 2025

Die Digitalisierung revolutioniert nicht nur Geschäftsmodelle, sondern beeinflusst auch maßgeblich den Umgang mit Rohstoff und Produkt. Einblicke in das Potenzial von Datenökosystemen und Datenräumen gab die letzte Veranstaltung von „Beyond Elements“ am 26. Februar.

Ob groß oder klein – Unternehmen sind häufig auf weit verzweigte Lieferketten angewiesen, die sie mit Rohstoffen und Komponenten versorgen. Digitale Tools haben hier ein großes Potential für mehr Transparenz und effizientere Abwicklung. Sie ermöglichen beispielsweise eine nahtlose Rückverfolgbarkeit von Komponenten und eine sofortige Datentransparenz einzelner Lieferungen.

Darauf baut insbesondere die Automobilindustrie. Sie hat mit dem Catena-X Automotive Network ein offenes „Datenökosystem“ ins Leben gerufen. Catena-X ermöglicht es Unternehmen, dezentral Daten über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg auszutauschen – standardisiert, sicher und mit vollständiger Datenhoheit beim jeweiligen Unternehmen. Aktuell tauscht die BMW Group unter anderem Daten zum Partikelsensor und Lenkgetriebe mit der Robert Bosch GmbH aus. „In diesem Projekt arbeiten derzeit 170 Partner zusammen“, sagt Philipp Kassack, Projektmanager für Kreislaufwirtschaft bei der BMW Group. Ziel ist es laut Kassack nicht nur, Geschäftsprozesse zu optimieren, sondern auch Emissionen zu sparen.

Sicherer Austausch im Datenraum

Der sichere Austausch von Daten ist eine der größten Herausforderungen für Unternehmen, die ihre Lieferketten transparenter und nachhaltiger gestalten wollen. Eine Lösung dafür bieten standardisierte Datenräume wie GAIA-X und Manufacturing-X. Sie ermöglichen es Unternehmen, ihre Datenhoheit zu wahren und dennoch wichtige Informationen mit Partnern zu teilen. „Europaweit gibt es etwa 200 Datenraumprojekte, die derzeit erforscht werden“, betont Prof. Matthias Weigold, Leiter des Instituts für Produktionsmanagement an der TU Darmstadt.

Standardisierung ist das Schmiermittel auch für digitale Prozesse. Die sogenannte Asset Administration Shell sorgt dafür, dass Informationen standardisiert verarbeitet, gefunden, modelliert, abgerufen und weitergeleitet werden können. Sie unterstützt den standardkonformen Datenaustausch entlang der Lebenszyklen in der gesamten Produktion und liefert standardisierte Schnittstellen für digitale Zwillinge. „Die Bedeutung ist vergleichbar mit einem Standard-Container, der den reibungslosen globalen Transport erst möglich gemacht hat“, sagt Björn Axenath, Senior Projektleiter der Phoenix Contact GmbH.

No data, no recycling

Die Nachverfolgbarkeit von Materialien und Produkten ist eine Grundvoraussetzung für Kreislaufwirtschaft. „Die Ökodesign-Richtlinie schafft Platz für digitale Geschäftsmodelle, weil sie die Erhebung von Daten zu Produkten notwendig macht,“ betont Prof. Martin Führ, Professor für Öffentliches Recht an der Hochschule Darmstadt. Nur wenn Produkte nachverfolgt werden, können sie in großem Umfang gesammelt und recycelt und damit wieder in den Wirtschaftskreislauf zurück geschleust werden. Ein wichtiges Standbein ist hier auch der digitale Produktpass, der laut Führ derzeit europaweit in etwa hundert Einzelprojekten vorbereitet wird.

Für Batterien ist der Produktpass schon weit entwickelt. Er wird u.a. Aufschluss darüber geben, welche Batterien sich für eine Wiederverwendung eignen und wann ein Recycling die bessere Option ist. Eine von der Firma Circunomics entwickelte Analytik kann eine gebrauche Batterie anhand des Lastprofils bewerten. Sie berechnet, wie lange es dauert, bis der Akku ersetzt werden muss, welchen wirtschaftlichen Wert er dann noch hat, ob er für Second-Use taugt oder was die beste Recyclingoption wäre. Diese Optionen werden auf einer Art Marktplatz zusammengeführt. Das funktioniert wie Amazon für Batterien mit Intelligenz“, sagt Marius Vogt, Head of Sales bei der Circunomics GmbH.

Sicherheit für digitales Miteinander

Eine sichere Identifikation individueller Objekte über die gesamte Lebensdauer ist entscheidend für Transparenz in der Lieferkette oder die Nachverfolgung von Produkten für die Kreislaufwirtschaft. Das Unternehmen Polysecure entwickelte eine Technologie, die Produkten einen unsichtbaren Fingerabdruck verleiht – langlebiger als jeder Strichcode und sogar für den Lebensmittelkontakt zugelassen. Dafür werden winzige Fluoreszenzpartikel in die oberste Schicht des Materials eingebettet. „Sie sind deutlich länger haltbar als RFID-Chips und können recycelt werden“, erklärt Jochen Moesslein, Managing Director bei der Polysecure GmbH.

Künstliche Intelligenz zieht in immer mehr Bereiche der Wirtschaft ein und verändert bestehende Prozesse grundlegend. KI-gestützte Tools, wie sie Stefan Wawrzinek von Osapiens vorstellte, erleichtern das sogenannte Enterprise-Resource-Planning, also die Aufgabe, Personal, Ressourcen, Kapital, Betriebsmittel und Kommunikationstechnik zu planen, zu steuern und zu verwalten. Sie helfen auch bei der Einhaltung von regulatorischen Anforderungen wie dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und der Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Künstliche Intelligenz optimiert Recycling

KI unterstützt auch das Recycling. Ein besonders großer Abfallstrom sind Bauabfälle. In Deutschland entstehen jährlich etwa 200 Millionen Tonnen Abbruchmaterialien, nur etwa ein Drittel davon wird stofflich verwertet. „Am nachhaltigsten wäre der Einsatz recycelter Baustoffe beim Bau neuer Gebäude“, sagt Gert Dehnen, Data Scientist bei der Point8 GmbH. Das scheitert bislang u.a. an den Sortiertechniken, die Baunormen wie Vorgaben für die Korngrößenverteilung nicht erfüllen können.

KI kann die Sortierung und damit die Qualität der Recyclingmaterialien deutlich verbessern. Point8 hat ein System mitentwickelt, das Korngrößen direkt auf dem Brecher mit Kameras aufzeichnet und die Korngrößenverteilung der Fraktionen vorhersagen kann. Der Baggerfahrer kann dann jeweils an der Maschine die Einstellungen nachjustieren.
Mit Hilfe von KI-gestützter Materialerkennung lassen sich Recyclingprozesse deutlich effizienter gestalten. Einen Engpass bei Recyclingprozessen bilden oft Identifikation und Sortierung von Produkten und Materialien. „Die Materialerkennung bei Elektroschrott von Hand dauert beispielsweise Tage,“ erläutert Malte Vogelgesang vom Fraunhofer IWKS. Optische Verfahren mit Hilfe sogenannter Faltender Neuronaler Netzwerke (Convolutional Neural Network, CNN) beschleunigen die Materialerkennung um Größenordnungen. CNN sind von biologischen Prozessen inspirierte, neuronale und lernfähige Netze, die für Klassifizierungen unterschiedlicher Art genutzt werden.

KI an der Werkbank

Die Hochleistungszerspanung ist eine der wichtigsten Technologien zur Fertigung von High-Tech-Komponenten für Triebwerksbau, Halbleiterindustrie und Medizintechnik. Obwohl moderne Zerspanprozesse sehr effizient sind, liegen die Produktkosten hoch, unter anderem wegen Nachbesserungen und Ausschussproduktionen. Digitale Zwillinge helfen zwar, die Planung zu optimieren und Kosten durch Ausschüsse zu senken. Allerdings bringen sie selbst leistungsfähige digitale Infrastrukturen an ihre Grenzen.

Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) erprobt daher mit Partnern einen Quanten-Computing-Ansatz, der Simulationen beschleunigen und praxistauglicher machen soll. Das Ziel des Forschungsprojekts QUASIM ist die Entwicklung und Erprobung von Quantencomputing in der Fertigung am Beispiel von Zerspanprozessen. „Der Ansatz ermöglicht genauere Vorhersagen über Wärmeverteilungen beim Laserschneiden oder Schwingungen beim Fräsen“, erläutert Hannah Stein vom DFKI. Dadurch lassen sich Ausschuss reduzieren und Maschinenlaufzeiten optimieren.

 

Mit ihrer online-Reihe „Beyond Elements“ richteten die drei Veranstalter - Materials Valley e.V., EIT Raw Materials und Technologieland Hessen - den Blick auf eine der wichtigsten Fragen der Zeit: Wie sichern sich EU und Deutschland die Versorgung mit strategisch wichtigen Rohstoffen und stärken ihre Innovationskraft für kommende Technologien?

Am 30. April findet im Kongresszentrum Hanau die Abschlussveranstaltung in Präsenz statt. 

Weitere Infos und Anmeldung

Eine Übersicht zur Veranstaltungsreihe finden Sie hier.

 

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