Alte Batterien und Elektroschrott als Rohstoffquelle

In ausgedienten Akkus, Smartphones und vielen anderen elektronischen Geräten stecken wertvolle Rohstoffe. Deren Rückgewinnung ist eine Herausforderung, wie die dritte Veranstaltung der Reihe „Wege zur Circular Economy in Hessen“ zeigte. Unter dem Titel „Recycling von Batterien, Elektronik und Metallen“ trafen sich Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung am 5. Dezember 2023 in der Fraunhofer-Einrichtung für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie IWKS in Hanau und online.

Um Ressourcen zu schonen und die Erderwärmung zu begrenzen, ist der Umbau unserer Wirtschaft in eine Circular Economy unumgänglich. Doch der Weg dorthin ist von Unsicherheiten geprägt, wie Professorin Anke Weidenkaff, Leiterin des Fraunhofer IWKS, in ihrer Begrüßung erläuterte: „Wir wissen noch nicht, was in der Energiewende tatsächlich passiert und was daraus für die Materialien folgt.“ Den Kriterien der Kreislaufwirtschaft sollten neue Materialien aber auf jeden Fall entsprechen. Das unterstrich Sebastian Hummel vom Hessischen Wirtschaftsministerium: „Wir können nichts falsch machen, wenn wir an dem Thema Circular Economy dranbleiben. Denn alles muss im Kreis geführt werden, egal ob Verbrenner oder E-Autos.“

Da nicht nur Fahrzeuge, sondern generell immer mehr Objekte elektronisch über Akkus betrieben werden, führt am Batterie-Recycling kein Weg vorbei. Erschwert werde es durch die vielfältigen Batteriesysteme und Zelltypen, betonte Dr. Jörg Zimmermann vom Zentrum für Demontage und Recycling für Elektromobilität (ZDR-EMIL) am Fraunhofer IWKS. Weil schwer absehbar ist, welche Art Batterie sich zukünftig durchsetzt, wird bislang eher zögerlich in Recyclinganlagen investiert. Das ZDR-EMIL vereint verschiedene Recyclingansätze, um verschiedenste Altbatterien automatisiert aufzubereiten. Einen Einblick in die dabei eingesetzten Anlagen – vom Wasserstrahlschneider zum Auftrennen der Batteriepacks bis zur Prallmühle, die Zellen aus den Modulen schleudert – gab es während der Technikumsführung in der Mittagspause. Auch mit der Aufbereitung der Schwarzmasse, die wertvolle Metalle wie Lithium und Kobalt enthält, beschäftigt sich das ZDR-EMIL. „Wir haben viele Ideen in petto“, sagte Zimmermann. Hoffnungen setzt er auf den digitalen Produktpass, der für Batterien voraussichtlich 2027 eingeführt wird. Dann seien Aufbau und verwendete Materialien der am Markt befindlichen Batterien endlich transparent. Den Rezyklatanteil in neuen Batterien sowie die Rückgewinnungs- und Sammelquoten legt die neue EU-Batterieverordnung seit Kurzem fest. Sie trat im August 2023 in Kraft.

Andre Koring vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau begrüßte die EU-Batterieverordnung und forderte zugleich eine stärkere Beschäftigung mit nachhaltigen End-of-life-Konzepten. „Wann ist ein Produkt tatsächlich Abfall?“, fragte er. Ein Akku etwa, dessen Ladekapazität für E-Autos nicht mehr ausreiche, eigne sich eventuell noch für andere Zwecke.

Impressionen der Veranstaltung am 5. Dezember 2023

Produktpässe und Lasertechnik für bessere Sortierung

Dr. Ulrike Lange vom Technologiezentrum des Vereins Deutscher Ingenieure brachte die gute Nachricht mit, dass die Recyclingkapazität für Lithium-Ionen-Batterien in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen habe. Lithium, Nickel, Kobalt und weitere Rohstoffe könnten schon zurückgewonnen werden, allerdings lohne sich die Einspeisung in den Kreislauf wegen der geringen Mengen noch nicht. Auf Elektroaltgeräte ging Lange ebenfalls ein. Recyclinggerechtes Design und Produktpässe könnten die möglichst sortenreine Trennung der verbauten Materialien und somit das Schließen von Stoffkreisläufen erleichtern, sagte sie.

Sortierung spielt beim Recycling grundsätzlich eine Schlüsselrolle. Für Aluminium sind besonders ausgefeilte Techniken gefragt, da das Leichtmetall Legierungselemente kaum wieder abgibt. Frank van de Winkel von Tomra Sorting aus Mülheim-Kärlich stellte sensorgestützte Sortiermaschinen vor, die Aluminiumschrott nach Legierungen, etwa nach Magnesiumgehalt, sortieren. Das Sensorsystem basiert auf einer Lasertechnik und wurde für Aluminiumabfälle aus der Automobilproduktion bereits erfolgreich getestet. In einem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekt entwickelt Tomra jetzt eine durchgängige Prozesskette, die Aluminiumschrott aus der Kfz-Fertigung für den Wiedereinsatz in Fahrzeugen aufbereitet.

Wir brauchen einen Kulturwandel

Bernhard Jehle vom Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung griff das Thema Elektroaltgeräte wieder auf. Sie bildeten den am stärksten wachsenden Abfallstrom, erklärte er. Produkte wie LED-beleuchtete Eiskratzer und batteriebetriebene Toaster bezeichnete Jehle als „unsäglich“. Die Durchmischung von Abfallströmen mit derlei Dingen verschwende nicht nur Ressourcen, sondern sei wegen der leichten Brennbarkeit beschädigter Akkus auch äußerst gefährlich. Außerdem beklagte Jehle, dass Recycling immer wieder an denselben Hürden scheitere, etwa an Kleb- und Schweißverbindungen. Das sei lange bekannt: „Wir haben das Wissen, aber es fehlen die Konsequenz und die Bereitschaft, Geld auszugeben.“

Dass wir neben der technologischen Transformation einen Kulturwandel brauchen, fand auch Dr. José Saenz vom Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF in Magdeburg. Er entwickelt Demontageroboter, die dank Künstlicher Intelligenz zum Beispiel verschiedene Schrauben erkennen und die passenden Werkzeuge auswählen. Die Roboter sollen selbst Materialien von Platinen automatisiert rückgewinnen und ausrangierte Produkte so sauber zerlegen, dass sie sich wieder zu Neugeräten aufbereiten lassen. Dieses Remanufacturing bezeichnete Saenz als „Königsklasse“ der Wiederverwertung.

Anwar Al Assadi vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart entwickelt ebenfalls Recyclingroboter, die schneiden, fräsen und vieles mehr können. Mit Software-Bausteinen lassen sie sich rekonfigurieren, um etwa unterschiedliche Batteriesysteme zu verarbeiten. Al Assadi und Saenz sind sich bewusst, dass verschmutzte Batteriepacks, verrostete Schrauben und von Tüftlern manipulierte Elektrogeräte die Roboter vor große Herausforderungen stellen.

Batterierecycling: Pyrolyseofen versus Vakuum

Das industrielle Engagement beim Batterierecycling belegten die Vorträge der Unternehmen Accurec aus Krefeld und Duesenfeld aus Wendeburg bei Braunschweig. Accurec recycelt Lithium-Ionen-Batterien in einem Pyrolyseprozess bei etwa 500 Grad Celsius. Die Pyrolyse benötigt zum Start eine Energiezufuhr, läuft dann aber mit der Restenergie aus den Altbatterien weiter. Akkus verschiedener Hersteller verhielten sich dabei allerdings unterschiedlich, wie Accurec-Mitarbeiter Dr. Zhangqi Wang erklärte. Neue Batteriekonzepte sind ebenfalls eine Herausforderung. Aktuell beteiligt sich Accurec mit Schwerpunkt Recyclingfähigkeit an der Entwicklung neuer E-Auto-Akkus, die zwecks schneller Ladung von rund 40 Liter Kühlflüssigkeit umspült werden. Eine Herausforderung etwa ist, diese vor einem Recycling abzupumpen.

Das Niedertemperaturrecycling, das Duesenfeld betreibt, beginnt mit der Entladung der Batterien, gefolgt vom Trockenschreddern und Trocknen bei unter 80 Grad Celsius im Vakuum, wobei die vollständige Entladung der Batterien rund die Hälfte der benötigen Energie für den Recyclingprozess liefert. Als „cherry on the cake“ bezeichnete Duesenfeld-Mitarbeiter Andrea Mirandola die Vakuumdestillation, die den flüssigen Elektrolyten aufbereitet. Die hydrometallurgische Aufbereitung der Schwarzmasse ergibt schließlich Nickel-, Cobalt-, Mangan- und Lithiumverbindungen in Batteriequalität. Duesenfelds Recyclingverfahren sei CO2-neutral und ohnehin sehr sauber, betonte Mirandola. Das Unternehmen patentiert seine Verfahren und gibt das Know-how in Form von Lizenzen weiter.

Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie und hessische Förderprogramme

Nach den Vorträgen zum Recycling von Batterien, Elektronik und Metallen schaltete sich Christoph Sluga vom Bundesumweltministerium online zu. Er stellte die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie vor, die die Bundesregierung gerade erarbeitet. Es stärke Deutschland, so Sluga, wenn hierzulande in die Kreislaufwirtschaft investiert werde statt in Rohstoffimporte aus aller Welt. Hessen unterstützt die Transformation der Industrie mit verschiedenen Maßnahmen. Moderator Dr. Felix Kaup vom Technologieland Hessen, der die Reihe „Wege zur Circular Economy in Hessen“ mit seinem Team ins Leben rief und organisiert, ging im Schlusswort auf das hessische Ressourcenwende-Paket und andere Förderprogramme ein.

Professor Peter Dold, kommissarischer Leiter des Fraunhofer IWKS, hatte schon zu Beginn der Veranstaltung unterstrichen, dass uns die Themen Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft zukünftig noch stärker beschäftigen werden als bisher, und zwar sowohl auf wirtschaftlicher als auch auf gesellschaftspolitischer Ebene. Wichtige Impulse für den Wirtschaftswandel, aber auch für das Überdenken des eigenen Verhaltens lieferte das Technologieland Hessen mit dieser Veranstaltung jedenfalls reichlich.
Programm zur Veranstaltung "Recycling von Batterien, Elektronik und Metallen" am 5.12.2023 im Fraunhofer IWKS (Hanau und online)
Foto: Dagmar Dittrich
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